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1850 lebten in der Gemeinde Rossa (GR) im oberen Calancatal 135 Frauen und nur 51 Männer. Rossa war wie das gesamte Calancatal sehr stark durch Auswanderung geprägt. Dabei waren es hauptsächlich die Männer, die saisonal oder auch für längere Zeit ihre von Armut geprägte, gebirgige Heimat verliessen. Die Karte der Geschlechteranteile zeigt deutlich diejenigen Regionen der Schweiz, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts stark von Arbeitsemigration geprägt waren. Neben dem Calancatal und dem übrigen Misox betraf dies ebenso das Bergell, das Engadin sowie weite Teile des Nordtessins.
Bei der ersten Volkszählung von 1850 gab es nur in der Gemeinde Thielle (NE) einen höheren Frauenanteil als in Rossa. In Thielle lebten 116 Frauen und 33 Männer, wobei eine Mädchenschule für die Asymmetrie der Geschlechter sorgte. Thielle ist heute Teil der Gemeinde La Tène (NE), welche am östlichen Ufer des Neuenburgersees liegt.
Diese Karte zeigt den Frauenanteil in den Gemeinden der Schweiz von 1850.
Diese Karte zeigt den Frauenanteil in den Gemeinden der Schweiz von 1910.
In der Grafik zum Frauenanteil nach Sprachgebieten wird deutlich, wie nachhaltig die Auswanderung der Männer auf die Geschlechterzusammensetzung in der italienischen Schweiz wirkte. Zwar nahm der hohe Frauenanteil im Lauf des 20. Jahrhunderts deutlich ab. Erst im 21. Jahrhundert glich er sich jedoch den anderen Sprachgebieten an.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Frauenanteils in den Sprachgebieten von 1850 bis 2015.
Während in der Karte der Geschlechterverteilung von 1850 Regionen mit einem hohen Frauenanteil auffallen (violett), stechen bei der Karte von 1960 Gemeinden mit einer Überzahl an Männern hervor (grün). Sieht man von der Freiburger Kleinstgemeinde Illens ab, in der 1910 14 Männer und keine Frauen lebten, gab es in der modernen Schweiz nirgendwo einen höheren Männeranteil als in Innerferrera (GR) 1960. Damals war der Bau des Stausees am Lago di Lei in vollem Gang.
Der wichtigste Grund für einen markanten Männerüberschuss in einer Gemeinde sind langjährige Grossbaustellen. Waren dies in früheren Jahrzehnten hauptsächlich Eisenbahnprojekte in den Alpen, so stechen auf der Karte von 1960 die Baustellen grosser Staumauern und Wasserkraftwerke hervor.
Diese Karte zeigt den Frauenanteil in den Gemeinden der Schweiz von 1960.